Food Riots sind keine „chaotischen Gewaltausbrüche“
Erschienen in der IMI-Zeitschrift AUSDRUCK (Februar 2010)
Klaus Pedersen
Die Zukunft verheißt nichts Gutes. Experten rechnen mit einer Verdopplung der Zahl der chronisch hungernden Menschen bis zum Jahr 2030.1 Das Scheitern des Klimagipfels in Kopenhagen im Dezember 2009 und das kaum überraschende Beharren auf den bisherigen Positionen der Landwirtschafts- und Ernährungspolitik seitens der führenden Industrieländer lassen vermuten, dass die Zuspitzung der Welternährungskrise noch dramatischer verlaufen wird als bisher eingestanden – ein Trend, der Erinnerungen an die Hungerrevolten der jüngsten Zeit wach ruft. In den Jahren 2007/2008 wurde über „Food Riots“ in 39 Ländern berichtet. Zeitliche Dichte und globale Verbreitung dieser Ereignisse waren beispiellos und weckten auf unsanfte Weise entsprechende Sicherheitsbedenken in den Zentren der Macht. Da die Wiederkehr von Hungerrevolten nur eine Frage der Zeit ist, macht es Sinn, sich mit diesem Thema auch dann zu beschäftigen, wenn es nicht unmittelbar die Schlagzeilen der Weltpresse beherrscht.
Veranstaltungsreihe in Berlin vom 18.02. bis 19.04.2010
Unter dem Titel Frisch serviert vom Krisenherd läuft im genannten Zeitraum eine Serie von Veranstaltungen in Vorbereitung auf den Via-Campesina-Tag (17.04.2010). Das vollständige Programm ist unter diesem Link abrufbar.
Am 21.02.2010 gibt es eine Veranstaltung zu Food Riots. Hier die dazugehörige Präsentation als Live-View (Flash) | PDF.
Ein Landwirtschaftsmodell zur Versorgung der Welt
Von Devinder Sharma | 24.Januar 2010
In zehn Jahren, im Jahr 2020, können die indische Landwirtschaft und gleichermaßen die Landwirtschaft der ganzen Welt in ein gesundes und lebensfähiges System verwandelt sein, in dem die Selbstmorde der Bauern der Geschichte angehören, in dem Elend und Verzweiflung durch Stolz am Anbauen ersetzt worden sind, wo Landwirtschaft wahrhaft langfristig und nachhaltig geworden ist und keine Wärme der globalen Umwelt hinzufügt.
Mit dem Beginn von 2010 wird das Drehbuch für eine künftige Landwirtschaft geschrieben, das das Lächeln auf dem Antlitz des Bauern zurückbringt, ohne Wunden in der Umwelt zu hinterlassen.
Zukunft säen – Vielfalt ernten
Wir rufen zu einer europaweiten Kampagne auf: für gentechnikfreies Saatgut, für die Erhaltung des bäuerlichen Rechts, Samen aus eigener Ernte zu gewinnen, zu tauschen und zu vermarkten, für Transparenz im Saatgutbereich und für langfristige Ernährungssouveränität. Wir wehren uns gegen die Monopolisierung des Saatgutes durch transnationale Konzerne und eine weitere Verschärfung geistiger Eigentumsrechte auf Pflanzen.
Reale Alternativen
Erschienen in „junge Welt“ vom 18.11.2009
Peter Clausing
Hintergrund. Wider das agroindustrielle Doping – eine andere Landwirtschaft ist möglich. Überlegungen anläßlich des diesjährigen Welternährungsgipfels
Noch bis zum heutigen Mittwoch findet in Rom der Welternährungsgipfel statt. Der nach 1996 und 2002 dritte Gipfel weist in mehrfacher Hinsicht Besonderheiten auf. Nie zuvor waren Machtkonzentration und Verflechtung von Agrar- und Biotechnologiekonzernen, lebensmittelverarbeitender Industrie und Handelsketten so groß. Doch auch die Sackgasse, in die diese Entwicklung führt, war noch nie so deutlich erkennbar. So wächst vor dem Hintergrund der globalen kapitalistischen Krise und einer steigenden Zahl hungernder Menschen die Notwendigkeit, einen Ausweg aus dieser Situation zu finden. Internationale Bewegungen wie Via Campesina, die solche Alternativen einfordern und praktizieren, finden zunehmend Gehör. Nationale Initiativen wie die brasilianische Bewegung der Landlosen (MST in portugiesischer Abkürzung) sind auf der Basis jahrelanger Kampferfahrung fest etabliert und können beachtliche Erfolge vorweisen.1
Landbesitz: Eine Frage der Sicherheit!
Land ist die Grundlage der Ernährung und die Basis für Reichtum und Macht. Die Verfügungsgewalt über Land bietet Sicherheit. Veränderungen beim Landeigentum sind gleichermaßen Ausgangspunkt und Resultat von Konflikten.
Zu Recht schlugen Organisationen wie GRAIN im Oktober 2008 Alarm1, weil Staaten und Investmentgesellschaften in einen Kaufrausch verfallen sind, bei dem riesige Ländereien, vor allem in Afrika, durch Pacht oder Eigentumsüberschreibung ihren Besitzer gewechselt hatten oder noch wechseln sollten. Das Phänomen ist vielschichtig, und die Ereignisse in den letzten zwei Jahren repräsentieren nur die Spitze eines Eisbergs, der seit rund zwei Jahrzehnten durch die neoliberalen Gewässer driftet. Doch das »Kaufrausch«-Phänomen bewegte die Gemüter so heftig, dass nicht nur kritische NGOs, sondern auch Thinktanks und mächtige Institutionen in kurzer Abfolge dazu Analysen veröffentlichten2, Konferenzen veranstalteten3 und Studien in Auftrag gaben.4
Herzlich willkommen !
Dieser Blog existiert seit dem 14. September 2009.
Kommentiert: The Coming Food Coups by Natsios & Doley
In ihrem Beitrag „The Coming Food Coups“, der im Januar 2009 im Washington Quartely erschien, das vom Center for Strategic and International Studies herausgegeben wird, befassen sich Natsios und Doley mit den humanitären, politischen und Sicherheitskonsequenzen der Preisexplosionen bei Nahrungsmitteln. Dabei ist für sie die Famine Theory ein hilfreiches Werkzeug, also die Theorie von den Hungersnöten, „a body of knowledge about the microeconomic dynamics of famines, the vulnerability of people to food price shocks, and the common patterns of behavior people use to try to survive in different stages of a famine„.
Kommentiert: »The Politics of Hunger« by Paul Collier
Innerhalb der letzten 12 Monate sind mehrere einflussreiche Publikationen der Befürworter von Gentechnik und industrieller Landwirtschaft erschienen Hier werfen wir einen Blick auf den ersten dieser Beiträge, den Walden Bello in seinem Text „The global food price crisis: A critique of orthodox perspectives“ als „Perhaps the most influential orthodox view on the causes, dynamics, and solution to the food price crisis“ bezeichnet (http://www.worldhunger.org/articles/09/editorials/bello.htm). Kaum überraschend, wird Colliers Beitrag vom World Food Program als Informationsquelle angeboten (http://www.wfp.org/content/politics-hunger-foreign-affairs).
Der Text von Paul Collier, Ökonomie-Professor und Direktor des Center for the Study of African Economies an der Universität Oxford, erschien 2008 in der November-Ausgabe von Foreign Affairs mit dem Titel „The Politics of Hunger“.
Beiträge bleiben aus
Welternährungsprogramm in Finanznöten: UN-Unterstützungsfonds fehlen drei Milliarden Dollar – knapp die Hälfte seines Budgets. Hilfe für Hunderttausende Hungernde eingestellt
Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (World Food Program – WFP) muß wegen fehlender finanzieller Mittel seine Hilfslieferungen einschränken. Bis zum Jahresende rechnet die UN-Organisation mit einem Fehlbetrag von drei Milliarden Dollar. Dies geht aus einem im vergangenen Monat veröffentlichten Bericht hervor. Bereits Ende Juni hatte der Leiter des Berliner WFP-Büros, Ralf Südhoff, offenbart, seine Organisation habe erst 25 Prozent ihres Budgets für 2009 erhalten. Das WFP ist zu hundert Prozent auf freiwillige Beiträge, in erster Linie von Regierungen, angewiesen. Für die Unterstützung von 108 Millionen bedürftigen Menschen in 74 Ländern hatte das WFP einen Finanzbedarf von 6,7 Milliarden Dollar errechnet.