Humanitäre Hilfe instrumentalisiert
Einfluß der Geldgeber beim WFP ist spürbar: Entsorgung von Überproduktion, Verbreitung genmanipulierten Saatguts und Militäreinsatz
Da sich das World Food Program (WFP) ausschließlich aus freiwilligen Beiträgen finanzieren muß und die Hälfte des Geldes (vor allem) von den USA und der Europäischen Kommission kommt, muß damit gerechnet werden, daß diese versuchen, ihren Einfluß geltend zu machen. Eine bevorzugte Bedienung jener Krisenregionen, in denen der Westen seine Handlungsschwerpunkte sieht, überrascht deshalb nicht. Das Budget des WFP reicht ohnehin nur für zehn Prozent der eine Milliarde hungernden Menschen. Auch andere Indizien deuten darauf hin, daß das WFP keine »selbstlose« Organisation ist, sondern für bestimmte Zwecke instrumentalisiert wird.
In der Vergangenheit geriet das Welternährungsprogramm wiederholt wegen des Versuchs in die Kritik, bedürftigen Ländern gentechnisch veränderte Nahrungsmittel aufzuzwingen, insbesondere Genmais. Diese Lieferungen kamen in der Regel aus den USA und hatten den Beigeschmack, daß mit »Sachspenden« die eigene Überproduktion entsorgt wird, anstatt durch Geldbeiträge dem WFP den Kauf von Lebensmitteln auf regionaler Ebene zu ermöglichen und so die landwirtschaftliche Entwicklung in den Ländern des Südens zu fördern. Auch die vorerst gescheiterte Taktik, Hilfslieferungen mit Genmais als »trojanisches Pferd« für Länder zu benutzen, die sich dessen Anbau versperrten, spielte eine Rolle.
Der Versuch, im Herbst 2002 Genmais als Nothilfe in Sambia einzusetzen, scheiterte an der Ablehnung durch die dortige Regierung. Als Angola im März 2004 ein Einführungsverbot für ungemahlenen Genmais aussprach, drohte der für das südliche Afrika zuständige WFP-Direktor, Mike Sacket, daß es zu einer dramatischen Verschlechterung der Hungerbekämpfung in dem Land kommen würde, in dem damals gerade der Bürgerkrieg zu Ende ging. Ein Jahr später gab es Probleme in Mittelamerika. Achtzig Prozent aller Proben aus WFP-Nahrungsmittelhilfen (Mais, Soja), die nach El Salvador, Guatemala, Honduras und Nicaragua geschickt wurden, waren im Test auf gentechnische Veränderungen positiv. Es wurden sogar Spuren der Maissorte Starlink gefunden, die selbst in den USA nicht für den menschlichen Verzehr zugelassen war.
Aktuell werden die drei diesjährigen Angriffe auf WFP-Schiffe in der Debatte um die Piratenbekämpfung instrumentalisiert, um der Militarisierung am Horn von Afrika einen besonders humanitären Anstrich zu geben. Durch die Bezugnahme auf den Schutz von Schiffen, die Nahrungsmittel für zehn Millionen notleidende Menschen in Ostafrika transportieren, sollen Fragen nach den wahren Motiven und der Entstehungsgeschichte des Antipirateneinsatzes gar nicht erst aufkommen. Auch der parallele Anstieg von Marineeinsätzen und Zahl der Piratenangriffe in den Gewässern vor Somalia wird gern verschwiegen.
Quelle:
Junge Welt vom 11.08.2009
Klaus Pedersen · Mit freundlicher Genehmigung des Autors.