Der Ukraine-Krieg und die Welternährungskrise
Zwölf Tage nach Beginn des Krieges, am 08. März, publizierte die Welternährungsorganisation (FAO) eine 40-seitige Analyse, die sich mit den Risiken befasste, die aus dem Ukraine-Krieg für die globale Lebensmittelversorgung ergeben könnten und gab einen düsteren Ausblick. Ausgangspunkt der Überlegungen war der Umstand, dass in den Jahren zuvor aus Russland und der Ukraine zusammengenommen 30 Prozent der globalen Weizenexporte und über Hälfte der Exporte von Sonnenblumenkernen bzw. -öl kamen, außerdem Mais und Gerste. Hinzu kommt, dass die Russische Föderation Platz 1 beim Export von Stickstoffdüngern und Platz 2 beim Export von Phosphor- und Kalidünger einnimmt. Bezogen auf die globale Exportmenge lag der Anteil Russlands laut FAO-Statistik in den letzten Jahren für alle drei Pflanzennährstoffen grob gerechnet jeweils zwischen 10 und 15 Prozent. In 25 Ländern betrug der Anteil aus Russland importierter Düngemittel bei 30 Prozent und mehr. Die Synthese von Stickstoffdünger erfolgt fast ausnahmslos unter Verwendung von Gas in einem extrem energieintensiven Prozess, dem Haber-Bosch-Verfahren. Die hohen Gaspreise schlugen sich...
Lesezeit: 8 MinutenBaumrinden-Monitoring der Pestizid-Belastung über die Luft: Eine toxikologische Bewertung
Der volle Bericht dieser für das „Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft e.V.“ erstellten Analyse befindet sich hier Hier die Zusammenfassung: In einer 2019 veröffentlichten Studie zu einem bundesweiten Monitoring der Immissionsbelastung der Luft durch Pestizide wurden insgesamt 104 verschiedene Pestizide nachgewiesen. Im vorliegenden Bericht werden 15 der am häufigsten nachgewiesenen Wirkstoffe näher betrachtet: Boscalid, Clomazon, Diflufenican, Epoxiconazol, Ethofumesat, Flufenacet, Glyphosat, Metalaxyl, Metazachlor, Pendimethalin, Prosulfocarb, Prothioconazol, S-Metolachlor, Tebuconazol, Terbuthylazin. Hervorzuheben ist, dass 13 von 14 Wirkstoffen (für den 15. Wirkstoff war kein adäquater Wert für den Dampfdruck vorhanden) offiziell als nicht flüchtig einzustufen sind, wenn man die Kriterien der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA 2014) zugrunde legt, d.h. ihr Dampfdruck beträgt weniger als 5 x 10-3, gemessen bei 25 °C (Tabelle 3). Während Clomazon als einziger Wirkstoff einen Wert oberhalb dieser Grenze aufweist, wurden beim Baumrindenmonitoring 11 Wirkstoffe mit „schwacher Flüchtigkeit“ an Standorten nachgewiesen, die sich in mittlerer (mehrere hundert Meter) bis weiter Entfernung (über 1 km) von landwirtschaftlichen Nutzflächen befanden...
Lesezeit: 2 MinutenAgroforstsysteme in Deutschland
Ein Praxisbericht über die aktuelle Lage, Herausforderungen und Chancen einer alternativen Landnutzung Rosanna Gahler, Bachelorarbeit 2019 Eine verantwortungsvolle, ökologisch sowie ökonomisch tragbare Landnutzung sind Voraussetzung, um die Weltbevölkerung nachhaltig mit Nahrung zu versorgen. Die aktuelle Form der mehrheitlich intensiven, mechanisierten Ackernutzung führt jedoch zu immer komplexeren Umweltproblemen, sowohl in Deutschland als auch weltweit. Agroforstwirtschaft bietet eine vielfältige, zukunftsweisende Form der Bewirtschaftung von Ackerflächen. Die Kombination von Bäumen mit Ackerkulturen und/oder Viehhaltung auf ein und derselben Fläche ist vor allem in den Tropen und dem mediterranen Raum eine verbreitete traditionelle Anbaumethode. Doch wie sieht die aktuelle Lage der Agroforstwirtschaft in Deutschland aus? Die vorliegende Arbeit ist Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen der Justus-Liebig-Universität Gießen und der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg mit dem Ziel einer quantitativen Bestandsaufnahme aller modernen Agroforstsysteme Deutschlands sowie die Analyse aktueller Herausforderungen und Chancen im praktischen Umgang mit dieser alternativen Landnutzung. Die Arbeit kann hier heruntergeladen werden
Lesezeit: < 1 MinuteEndlich Licht ins Dunkel bringen – ein Interview zum Thema Pestizidzulassung
Sind die aktuellen Pestizidverordnungen reine Makulatur? Nach Ansicht des Toxikologen Peter Clausing krankt der Umgang der EU mit Pestiziden an strukturellen und methodischen Mängeln. Yussefi-Menzler, Redakteurin der Zeitschrift Ökologie und Landbau, hat ihn gefragt, wo genau die Probleme liegen und wie Zulassungsverfahren in die richtigen Bahnen gelenkt werden können. Der Artikel kann hier heruntergeladen werden.
Lesezeit: < 1 MinuteBolivianische KleinbäuerInnen in der Pestizidfalle
In Bolivien hat sich der Pestizideinsatz binnen 10 Jahren auf jährlich 62.900 Tonnen mehr als versechsfacht. Eine jüngst veröffentlichte Masterarbeit belegt, dass fast drei Viertel der in Bolivien zugelassenen Pestizide hoch toxisch sind und ein Großteil davon in der EU und in weiteren Ländern der Welt verboten ist. (1) von Ulrike Bickel 8. März 2019 Die von der Universität Rockstock betreute Masterarbeit von Ulrike Bickel „Uso de plaguicidas por productores familiares en Bolivia“ untersucht die Dimensionen, Einflussfaktoren und die sozio-ökonomischen und ökologischen Auswirkungen des Pestizideinsatzes in Bolivien. Der Arbeit zugrunde liegen eine empirische Fallstudie zu KleinbäuerInnen in vier bolivianischen Ökoregionen, Experteninterviews mit Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen und die Analyse wissenschaftlicher und politischer Erkenntnisse zum Pestizideinsatz in Bolivien samt akuten wie chronischen Vergiftungserscheinungen und der Auswirkungen auf die Ökosysteme. Herzstück der Arbeit ist ein Abgleich der in Bolivien zugelassenen Pestizide mit der Liste des Pestizid Aktions-Netzwerkes (PAN) über hochgefährliche Pestizide (engl.: highly hazardous pesticides, HHPs) (2) sowie der PAN Liste in anderen...
Lesezeit: 6 MinutenHunger am Anfang, Mangel am Ende: Der Rote Oktober, die Versorgung und die Landwirtschaft
von Peter Clausing Nach der Oktoberrevolution sah sich die junge Sowjetrepublik mit zwei Hauptaufgaben konfrontiert: der Sicherung der Ernährung der Bevölkerung und der Gestaltung des gesellschaftlichen Wandels als Teil eines „sozialistischen Entwicklungsmodells“. Zu jener Zeit lebten ca. 80 Prozent der Bevölkerung auf dem Land. Und so, wie die ländlichen Regionen in England bei der Industrialisierung und mithin bei der Entstehung des Kapitalismus Pate standen, so bildete auch in Sowjetrussland der ländliche Bereich die Quelle der ursprünglichen Akkumulation, nunmehr unter sozialistischem Vorzeichen. Ein wichtiger Unterschied war, dass das, was sich im frühkapitalistischen England über einen längeren Zeitraum vollzog, in der „frühsozialistischen“ Sowjetunion innerhalb weniger Jahre über die Bühne ging. Doch der Reihe nach. Eine Umgestaltung der zum Großteil subsistenzwirtschaftlich betriebenen – der fast ausschließlich für den Eigenbedarf arbeitenden – Landwirtschaft wurde bereits im zaristischen Russland als notwendig erachtet. Die darauf ausgerichtete, im Jahr 1906 von P. A. Stolypin – 1906 bis 1911 russischer Ministerpräsident unter Zar Nikolaus II. – in die...
Lesezeit: 6 MinutenDie neue Ehe: Terrorbekämpfung und Naturschutz
von Peter Clausing Neuerdings werden in Asien und Afrika lokale Bevölkerungsgruppen aus Naturschutzgebieten unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung vertrieben. Separat betrachtet ist beides nichts Neues, weder die Militarisierung des öffentlichen Lebens samt Beschneidung von Menschenrechten im Namen der Terrorismusbekämpfung noch die Vertreibung lokaler, indigener Bevölkerungsgruppen im Namen des Naturschutzes. Doch die Kombination aus beidem ist ein neues Phänomen, das laut Recherchen der britischen Politikwissenschaftlerin Rosaleen Duffy und ihrer Mitarbeiterinnen wenig beachtet wird, aber häufig vorkommt.[1] Schon 2001 warnte Duffy, dass die Einrichtung so genannter „Peace Parks“ – grenzübergreifende Naturschutzgebiete im globalen Süden – genau das Gegenteil von dem bewirken könnten, was dieser Name suggeriert: nämlich den Versuch, die „Wildnis“ zu kontrollieren, indem Naturschutzorganisationen Polizeifunktionen übernehmen.[2] Krieg durch Naturschutz Die Kombination von Terrorismusbekämpfung und Naturschutz ist laut Duffy[3] die dritte Phase einer Entwicklung, die Ende des 19. Jahrhunderts ihren Anfang nahm. Die erste Phase mit dem Label „Festungsnaturschutz“ (Fortress Conservation) reicht zurück bis zur Gründung des Yellowstone Nationalparks im Jahr 1872....
Lesezeit: 6 MinutenKleinbauern aus aller Welt tagen in Schwäbisch Hall für eine Charta of Peasants‘ Rights
Die bäuerliche Landwirtschaft ernährt den Großteil der Menschheit. Dennoch wird sie immer mehr von der Food- und Agrarindustrie verdrängt. Nun treffen sich auf Einladung der Stiftung Haus der Bauern, Schwäbisch Hall/Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall Bauernvertreter aus der ganzen Welt, um mit Politikern, Entwicklungshelfern und Menschenrechtlern den Weg für einen stärkeren rechtlichen Schutz für Kleinbauern zu ebnen. Kleinbauern erfüllen eine enorm wichtige Aufgabe: Sie erzeugen den Großteil der Nahrung weltweit. Dank ihres jahrhundertealten Wissens über Bodenbearbeitung, Züchtung und Erntetechniken bewirtschaften sie ihr Land umweltgerecht und dem Standort entsprechend. Dabei erhalten sie die Artenvielfalt, die Fruchtbarkeit der Böden und die regionale Wertschöpfung. Doch immer häufiger werden ihnen ihr Land und ihre Züchtungen von internationalen Agrar- und Nahrungsmittelkonzernen genommen. Durch Landgrabbing und Biopiraterie geraten sie in Abhängigkeit, Existenznöte oder müssen gar ganz aufgeben. Ihr wertvolles indigenes Wissen geht dann verloren, regionale Märkte werden zerstört und lokale durch exportierte Lebensmittel ersetzt. Mit jedem Kleinbauern, der aufgeben muss, wird es deutlicher: Der Schutz des gegenwärtigen...
Lesezeit: 2 MinutenDer kritische Agrarbericht 2017
Hiermit sei auf das Erscheinen des kritischen Agrarberichts 2017 hingewiesen (dieses Mal ohne eigenen Beitrag). Das diesjährige Schwerpunktthema war Wasser in unterschiedlichen Facetten im Kontext landwirtschaftlicher Produktion. Die Beiträge zum Schwepunktthema sind eingebettet in die elf Kapitel des Buches: – Agrarpolitik und soziale Lage – Welthandel und Ernährung – Ökologischer Landbau – Produktion und Markt – Regionalentwicklung – Natur und Umwelt – Wald – Tierschutz und Tierhaltung – Gentechnik – Agrarkultur – Verbraucher und Ernährungskultur Bestellen bzw. die einzelnen Beiträge herunterladen (auch von früheren Jahrgängen) kann man ihn auf der entsprechenden Website.
Lesezeit: < 1 MinuteBedrohliche Kapitalkonzentration im Agrobusiness
Produzenten und Verbraucher eingeklemmt zwischen Großkonzernen von Peter Clausing Zulieferer und Verbraucher gehören zu den Opfern wirtschaftlicher Konzentrationsprozesse im Ernährungsbereich. Preisdruck und Qualitätsschwund sind nur zwei der Folgen. Mit wachsender Marktmacht bestimmen die Konzerne auch zunehmend die Spielregeln unseres Zusammenlebens – zu Lasten von Umwelt, Gesundheit und Demokratie. Einen Eindruck von Tempo und Umfang der heutigen Konzentrationsprozesse erhält man durch einen Blick auf den Bayer-Konzern. Als er 2002 Aventis Crop Science für sechs Milliarden Euro übernahm, sprach die Coordination gegen Bayer-Gefahren vom größten Deal in der Unternehmensgeschichte und verwies darauf, dass es Ende der 1960er Jahre noch 40 „große“ Firmen im Pestizid- und Saatgutsektor gab. Anfang der 1990er Jahre waren es zwölf und 2005 nur noch zehn. Nach weiteren Fusionen bzw. Aufkäufen beherrschen heute vier Unternehmen 75 Prozent des globalen Pestizidmarktes und fünf 71 Prozent des globalen Saatgutmarktes, wobei die drei größten (Bayer/Monsanto, Dow/Dupont, ChemChina/Syngenta) in beiden Segmenten dominieren. Mit dem Kauf von Monsanto hat der größte Deal in Bayers...
Lesezeit: < 1 Minute