Naturschutz im Kolonialstil
Erschienen in “junge Welt” vom 09.06.2010 Peter Clausing Naturschutz hat – von wenigen Ausnahmen abgesehen – sein positives Image bis zum heutigen Tag bewahrt. Naturschutz scheint von rassistischen und kolonialistischen Ideologien weit entfernt zu sein. Das liegt vermutlich daran, daß beispielsweise der bayerische Nationalpark oder das Biosphärenreservat Schorfheide nicht unbedingt kolonial-rassistische Assoziationen erzeugen. Ferner kann es einem so vorkommen, als ob Naturschutzgebiete nicht mit Rassismus und Kolonialismus in Verbindung gebracht werden können, weil sie scheinbar nicht mit Menschen zu tun haben. Ein Blick in die Geschichte zeigt, daß beide Annahmen nicht zutreffen. Naturschützer wie Hans-Dieter Knapp, Leiter der Naturschutzakademie Vilm, behaupten unter Bezugnahme auf den Yellowstone-Nationalpark unreflektiert, daß Nationalparks heute die international erfolgreichste Schutzgebietskategorie seien. Dabei ignorieren sie das zutiefst koloniale Erbe des Modells »Nationalpark«, das in den USA »erfunden« wurde. Einer der ersten, der Yellowstone-Nationalpark, erwies sich in mehrfacher Hinsicht als Prototyp: Seine Schaffung war mit der gewaltsamen Vertreibung der dort lebenden Bevölkerung verbunden, er entsprach von Anbeginn dem...
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