Im Wettlauf gegen die Zeit
von Peter Clausing
Bodenerosion und Welternährung
Auch wenn, trotz über einer Milliarde hungernder Menschen, derzeit genügend Nahrung für die gesamte Weltbevölkerung produziert wird, zeichnet sich für die kommenden Jahrzehnte eine erhebliche Diskrepanz ab. Im Vergleich zu 1990 wird sich einerseits die globale landwirtschaftliche Nutzfläche bis 2025 um geschätzte 82 Millionen Hektar und damit um zehn Prozent vergrößern. Diese Erweiterung steht jedoch einem erwarteten Bevölkerungszuwachs von 60 Prozent in dem gleichen 35-Jahres-Zeitraum gegenüber. Zudem geht der Gewinn an landwirtschaftlicher Nutzfläche häufig mit der Zerstörung von Wäldern einher. Parallel dazu spielt sich eine stille Katastrophe sozusagen direkt unter unseren Füßen ab: Schätzungen zufolge sind weltweit 25 Prozent des Bodens von Degradation betroffen. 1 Dieser ernüchternden Statistik zum Trotz ist Weltuntergangsstimmung fehl am Platz. In seinem jüngsten Bericht an die UN-Vollversammlung schreibt der Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, Olivier de Schutter, dass die Kleinbauern des Südens, also dort, wo chronischer Hunger am stärksten präsent ist, innerhalb von zehn Jahren ihre Nahrungsmittelproduktion verdoppeln könnten, und zwar auf umweltverträgliche Weise.2 Um dies zu ermöglichen, wäre ein entsprechender politischer Wille vonnöten. Das würde auch Maßnahmen zur Bodenverbesserung einschließen, deren Dringlichkeit nicht überbetont werden kann.
Reale Alternativen
Erschienen in „junge Welt“ vom 18.11.2009
Peter Clausing
Hintergrund. Wider das agroindustrielle Doping – eine andere Landwirtschaft ist möglich. Überlegungen anläßlich des diesjährigen Welternährungsgipfels
Noch bis zum heutigen Mittwoch findet in Rom der Welternährungsgipfel statt. Der nach 1996 und 2002 dritte Gipfel weist in mehrfacher Hinsicht Besonderheiten auf. Nie zuvor waren Machtkonzentration und Verflechtung von Agrar- und Biotechnologiekonzernen, lebensmittelverarbeitender Industrie und Handelsketten so groß. Doch auch die Sackgasse, in die diese Entwicklung führt, war noch nie so deutlich erkennbar. So wächst vor dem Hintergrund der globalen kapitalistischen Krise und einer steigenden Zahl hungernder Menschen die Notwendigkeit, einen Ausweg aus dieser Situation zu finden. Internationale Bewegungen wie Via Campesina, die solche Alternativen einfordern und praktizieren, finden zunehmend Gehör. Nationale Initiativen wie die brasilianische Bewegung der Landlosen (MST in portugiesischer Abkürzung) sind auf der Basis jahrelanger Kampferfahrung fest etabliert und können beachtliche Erfolge vorweisen.1