Gastbeitrag: Grüner Landraub durch Naturschutz
von Rene Vesper Hausarbeit bei Prof. K.-H. Erdmann, Geografisches Institut, Universität Bonn. Die Arbeit kann HIER herunter geladen werden. Nachstehend ein Auszug aus der Einleitung: Im 21. Jahrhundert blickt der globale Norden mit Demut auf die vergangenen zwei Jahrhunderte zurück, in denen im Zuge der Industrialisierung und Globalisierung die Ressourcen des Planeten in großem Stile ausgebeutet wurden. Während das Wissen um das Ausmaß globaler Umweltzerstörung zunimmt, wird der Ruf nach mehr Umweltschutz in der Öffentlichkeit lauter. Auch die weltweit größten Umweltschutz-Nichtregierungsorganisationen (NGOs) haben sich unlängst grüne Agenden auf die Fahnen geschrieben. Durch ein hohes Spendengeldaufkommen, eigene Umweltfonds, Umweltschutzprojekte und eigene Zertifikatsysteme haben sie einen großen Einfluss in Umweltdiskursen erlangt. Ihre Position im internationalen Umweltregime ist jedoch umstritten, da es in einigen ihrer Projekte zu gewaltvollen Vertreibungen und anderen Menschenrechtverletzungen kam (Schmidt-Soltau 2005, 284-285, In: Pedersen 2008, 32; CLA & VEG 2015). Da unlängst auch eine große Bandbreite von VertreterInnen aus der Industrie mit umweltfreundlichen Werbespots, Slogans und CSR-Umweltprojekten4 aufwarteten, stellt...
Lesezeit: 2 MinutenTagung im Mai: In neuen Territorien denken – statt Ausverkauf von Land
6. – 8. Mai 2016 Evangelische Akademie Bad Boll In neuen Territorien denken – statt Ausverkauf von Land Weltweit nimmt die Landkonzentration zu, während umverteilende Landreformen aus der Mode gekommen sind. Die Konsequenzen sind in unterschiedlicher Form überall spürbar: neue Abhängigkeiten, sinkender Handlungsspielraum und eingeschränktes Entwicklungspotential nicht nur für Bäuerinnen und Bauern, Akteure im ländlichen Raum, sondern für die breite Bevölkerung. Die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der weltweiten Entwicklungen wollen wir unter anderem mit Saturnino Borras (Den Haag), Caroline Callenius (Stuttgart), Nadja Charaby (Berlin), Kerstin Lanje (Aachen), Wolfgang Hees (Eichstetten), Angela Müller (Niederstetten) Luis Hernández Navarro (Mexiko), Uwe Hoering (Bonn), Stefan Ofteringer (Aachen), Victor Rodrigues (Portugal), Adriano Talles Reis (Brasilien) und Philian Zamchiya (Zimbabwe) diskutieren. Wo findet Landkonzentration statt? Welche Konsequenzen hat dies? Wie beeinflussen internationale Entscheidungen die regionalen Entwicklungen? Welche Zwänge und Dynamiken bestimmen Prozesse der Landkonzentration? Wo kann gegengesteuert werden? Können Agrarreformprojekte gesellschaftliche Veränderungen anstoßen und so für mehr Verteilungsgerechtigkeit und weniger Armut sorgen? Unter welchen Bedingungen ist dies...
Lesezeit: < 1 MinuteKommentiert: The Coming Food Coups by Natsios & Doley
In ihrem Beitrag „The Coming Food Coups“, der im Januar 2009 im Washington Quartely erschien, das vom Center for Strategic and International Studies herausgegeben wird, befassen sich Natsios und Doley mit den humanitären, politischen und Sicherheitskonsequenzen der Preisexplosionen bei Nahrungsmitteln. Dabei ist für sie die Famine Theory ein hilfreiches Werkzeug, also die Theorie von den Hungersnöten, „a body of knowledge about the microeconomic dynamics of famines, the vulnerability of people to food price shocks, and the common patterns of behavior people use to try to survive in different stages of a famine„. Ihrer Meinung nach müssen Politiker ausgerüstet sein, um die Sicherheits- (und andere) Konsequenzen derartiger Entwicklungen zu minimieren. Dabei betrachten sie – im Gegensatz zu Paul Collier (vgl. Medien-Offensive des Agrobusiness [1]) – die Rücknahme von Subventionen (z.B. für Agrotreibstoffe) in einer bürgerlichen Demokratie als unrealistisch. »The likelihood of a substantial reduction in U.S. corn-based ethanol subsidies is unlikely. Once democratic governments begin to subsidize something, withdrawing the subsidy...
Lesezeit: 3 MinutenAgrotreibstoffe
Der ultimative Angriff auf die Ernährungssicherheit „Hungerrevolten“ heißt das neue Schreckgespenst, das führende Politiker der Nordhalbkugel in Atem hält − Hungerrevolten in 20 Ländern1 aufgrund explodierender Grundnahrungsmittelpreise. Das hat soziale Instabilität mit den von der offiziellen Politik gefürchteten Auswirkungen zur Folge: Unsicherheit für Direktinvestitionen in den krisengeschüttelten Ländern, Zulauf für al-Qaida, erhöhter Migrationsdruck. „Wenn es zu einem Klassenkampf kommt, dann unterminiert das die Stabilität der Gesellschaft“, zitiert Bernd Musch- Borowska in einer ARD-Korrespondenz Ifzal Ali, den Chef-Ökonomen der Asiatischen Entwicklungsbank. In Ägypten, Indonesien und Pakistan wurde Militär eingesetzt, um Mehltransporte zu bewachen. Die bange Frage bei den hiesigen Politikern schließt sich an: Wird die „Festung Europa“ standhalten? Die Explosion der Preise bei den Grundnahrungsmitteln ist zwar multifaktoriell bedingt, aber die Agrotreibstoff- Bonanza hat einen signifikanten Anteil daran. Dies ist umso problematischer, da zudem auch die Agrotreibstoffe, entgegen der offiziellen Propaganda, kaum einen Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen leisten. „Hungerrevolten“ heißt das neue Schreckgespenst, das führende Politiker der Nordhalbkugel in Atem...
Lesezeit: 9 MinutenVolle Tanks – leere Teller
Eine neue Industrie garantiert gigantische Profite – »Bio«kraftstoffe schädigen die Umwelt mehr als bisher, Lebensmittelpreise explodieren, Dritte-Welt-Länder werden durch Monokulturen in den Ruin getrieben. »Gabriel zieht beim Biosprit die Notbremse!« So oder ähnlich lauteten vor drei Wochen die Schlagzeilen auf den Titelseiten des deutschen Blätterwalds. Wer naiv genug war zu glauben, daß bei Umweltminister Sigmar Gabriel die Einsicht in den ökologischen Unsinn und in die katastrophalen sozialen Folgen dazu geführt hätten, beim Geschäft mit Agrotreibstoffen die Notbremse zu ziehen, wurde enttäuscht. Nicht die Vorstellung, daß sich wegen des Agrokraftstoff-Hypes die Zahl der chronisch Hungernden bis zum Jahr 2025 von derzeit 820 Millionen auf 1,2 Milliarden erhöhen könnte, führte zu der Entscheidung, die Beimischungsverordnung für »Bio«sprit einzufrieren. Nein, es war die erschreckende Vorstellung, daß dreieinhalb Millionen Autofahrer im Wahljahr 2009 den teuren »SuperPlus«-Kraftstoff tanken müßten, die den zum Bundesumweltminister avancierten ehemaligen Popmusikbeauftragten der SPD-Fraktion zu diesem Schritt bewog. Die »Roadmap Biokraftstoffe«, wie das Vorhaben im Oktober 2007 in einer gemeinsamen Erklärung...
Lesezeit: 9 Minuten