Die lange Grüne Revolution
von Raj Patel
In einer 63-seitigen Analyse, die Anfang 2013 erschien, beschäftigt sich der britische Soziologieprofessor Raj Patel faktenreich mit den Mythen der Grünen Revolution. Der nachstehende Text ist zugleich Auszug und Kondensat dieser umfangreichen Übersichtsarbeit.
Historisch betrachtet erstreckte sich die Grüne Revolution über die Zeit von 1940 bis 1970, auch wenn die Prozesse der kapitalistischen Akkumulation, Enteignung, Investition und Innovation in der Landwirtschaft – die erst zwei Jahre vor ihrem offiziellen Ende „Grüne Revolution“ genannt wurden – bereits früher stattfanden und sich weit über 1970 fortsetzten. Die Väter der Grünen Revolution konnten ihre Ziele nicht beliebig durchsetzen, sondern mussten unter Nutzung staatlicher Mittel den oftmals kollektiv organisierten Widerstand der armen ländlichen Bevölkerung überwinden.
Ein diskursives Hungergespenst
von Peter Clausing
Nicht selten ruft die Frage, ob und unter welchen Bedingungen die wachsende Weltbevölkerung ausreichend ernährt werden kann, Ratlosigkeit und Unbehagen hervor. Eine negative Antwort würde den Hungertod Hunderter Millionen Menschen mit kaum vorstellbaren gesellschaftlichen Folgen bedeuten. Schließlich sind schon heute zirka 850 Millionen Menschen unterernährt, was bedeutet, dass alljährlich etwa 10 Millionen Menschen an Hunger oder seinen unmittelbaren Folgen sterben. Die Frage, was getan werden müsste, um bei gleichzeitig wachsender Weltbevölkerung von diesem Genozid wegzukommen, wird sehr unterschiedlich beantwortet.
Das Stickstoff-Dilemma
Von Peter Clausing
Im Jahr 1910 ließen sich die BASF ein chemisches Verfahren zur Ammoniaksynthese aus Stickstoff und Wasserstoff patentieren. Das von den späteren Nobelpreisträgern Fritz Haber und Carl Bosch entwickelte Verfahren stellt laut Wikipedia das „bedeutendste industrielle Verfahren zur Umwandlung des unreaktiven Luftstickstoffs in eine nutzbare Stickstoffverbindung (dar)“. Dies ist ein energieintensiver Prozess, bei dem Temperaturen von 500 Grad Celsius erforderlich sind. Seine erste Konjunktur hatte das Haber-Bosch-Verfahren im Ersten Weltkrieg, als große Mengen von Ammoniak zur Herstellung von Munition und Sprengstoff benötigt wurden. Die Namensgeber des Verfahrens standen voll und ganz in deutsch-militaristischer Tradition. Fritz Haber gilt als „Vater des Gaskrieges“ im Ersten Weltkrieg und der jüngere Carl Bosch war während der Nazizeit „Wehrwirtschaftsführer“, also Spitzenfunktionär der NS-Kriegswirtschaft. Ähnlich wie zu anderen Anlässen – man denke an die Atomindustrie – wurden nach Kriegsende neue Absatzmärkten gesucht. Es begann die Ära des synthetischen Düngers. Heute wird der Mythos gepflegt, dass die Ernährung der Hälfte der Weltbevölkerung von diesem Dünger abhängen würde.
Energieschleuder Agrarindustrie
von Peter Clausing
In den letzten Jahrzehnten sind die Hektarerträge der industriellen Landwirtschaft erheblich gestiegen. Erkauft wurde dieser Zuwachs mit einem extrem hohen Einsatz fossiler Energieträger. Doch inzwischen ist die Euphorie über die Wunder der „grünen Revolution“ verflogen und es macht sich Ernüchterung breit. Trotz des fortgesetzten Einsatzes erdölbasierter Ressourcen stagnieren die Erträge oder sinken sogar. Eine wesentliche Ursache ist die nachlassende Bodenfruchtbarkeit aufgrund der vernachlässigten organischen Düngung und der Versalzung bewässerter Böden in semiariden Regionen.
Sanamadougou und Sahou müssen bleiben: Landraub stoppen – in Mali und überall sonst!
August 2014: Internationaler Appell der europäischen Sektion von Afrique-Europe-Interact [*]
Anfang 2013 ist Mali kurzzeitig in die internationalen Schlagzeilen geraten. Islamistische Milizen hatten den Norden des Landes besetzt, es folgte eine internationale Militärintervention unter Führung Frankreichs, in deren Verlauf zumindest größere Städte wie Timbuktu und Gao befreit werden konnten. Und doch hat sich das Leben für die Masse der Bevölkerung kaum verändert – weder im Norden noch in den übrigen Landesteilen.
Gastbeitrag: Die Metamorphose der Raubbaukonzerne
von Peter Gerhardt
Es klingt ein bisschen wie im Märchen. Multinationale Konzerne zerstören Wälder und treten Menschenrechte mit Füßen. Durch das Engagement internationaler Umweltschutzorganisationen werden diese in wenigen Monaten dann zu verantwortungsvollen Unternehmen. Palmöl- und Papiermultis wie Wilmar, Golden Agri, APRIL (Asia Pacific Resources International Limited) oder APP (Asia Pulp and Paper) haben diese wundersame Metamorphose vom Kahlschlag-Konzern zum Regenwaldschützer in Indonesien bereits durchlaufen. All diese Firmen haben jetzt eine „Zero-Deforestation-Policy“. Parallel dazu haben Konsumgüterriesen wie Nestle, Unilever, Mars, L’Oreal, Procter & Gamble oder Colgate-Palmolive, die Palmöl als Rohstoff benötigen, ähnliche Versprechen abgegeben.
Rezension: „Die Grüne Matrix“
Ein kurzer Werbeblock in eigener Sache (siehe Buchhinweis).
Nachdem das Buch inzwischen mehrfach besprochen wurde (u.a. in „analyse + kritik“, in der taz, in der jW, in der „Unabhängigen Bauernstimme“, in den „Local Land & soil News“ und in der ILA) hier die Rezension von Isabel Armbrust aus dem WIDERSPRUCH (Nr. 64, März 2014) .
Die Explosion der Agrarpreise 2008 löste einen beispiellosen Run auf die verfügbaren Anbauflächen dieser Welt aus. Mit Grosskäufen oder langlaufenden Pachtverträgen sichern sich seitdem Unternehmen und Staaten die Grundlage für lukrative Geschäfte oder die künftige Ernährung ihrer eigenen Bevölkerung. Auf der Strecke bleiben Kleinbauern und andere lokale Produzenten, die oft nicht einmal über Besitztitel für seit Generationen genutztes Land verfügen.
Schwein gehabt – Profit gemacht. Mastfabriken zwischen Profitzwang und Protesten
von Peter Clausing
Lunapark21 Nr. 25; März 2014
Man nennt sie heute im angelsächsischen Fachjargon CAFOs – Concentrated Animal Feeding Operations. Eher banal und etwas direkter: Es geht um Mastfabriken. Und damit um riesige, global aktive Fleischkonzerne, von denen 2013 oder 2014 erstmals einer, der chinesische Riese Shuanghui International Holding, der 2013 den US-Fleischriesen Smithfield übernahm, zur Gruppe der 500 größten Konzerne der Welt, der „Global 500“, vorstoßen dürfte.
Präsentation zum Workshop in Hannover am 8.3.2014
Im Rahmen der eintägigen Veranstaltung „SCHON MAL ABSCHALTEN!?“ in Hannover fand ein Workshop zum Thema „Agrarindustrie“ statt.
Der Workshop widmete sich den Klimabilanzen industrieller Landwirtschaft im Vergleich zu kleinbäuerlicher Landwirtschaft mit agrarökologischen Anbauverfahren. Diese Bilanzen wurden im Kontext der Sicherung der Ernährung einer im Vergleich zu heute um 30 Prozent größeren Weltbevölkerung im Jahr 2050 diskutiert.
Die Präsentation zum Workshop findet sich hier.
Monopol und Elend (Gastbeitrag)
Die weltweite Vereinheitlichung von Saatgut dient den Interessen der Agrarkonzerne und führt zur Entrechtung und Enteignung kleiner Landwirte
Von Anne Schweigler
Im August 2013 streikten die Bauern in Kolumbien für mehrere Wochen und stellten die Belieferung der Städte mit Nahrungsmitteln quasi ein. Zusammen mit Studenten, Indigenen und Industriearbeitern, die sich solidarisch erklärten, legten sie das Land lahm. Die Auswirkungen der Freihandelsabkommen mit den USA und Europa auf die Landwirtschaft des Landes und die Empörung über eine damit zusammenhängende Saatgutverordnung waren der zentrale Auslöser. Mit letzterer wurde selbstproduziertes Saatgut für illegal erklärt und dessen Beschlagnahmung und Zerstörung verfügt.