Fünf Mal so viele Schweine wie Menschen
Industrielle Schweinemast in Mexiko: Granjas Caroll/Smithfield Von Peter Clausing Industrielle Schweinmastanlagen zerstören die Umwelt und rufen gesundheitliche Schäden hervor. Sie verunreinigen das Grundwasser sowie Oberflächengewässer und können Atembeschwerden, Nierenprobleme und andere Erkrankungen hervorrufen. Untersuchungen belegen die psychischen Wirkungen des permanenten Gestanks, den Mastfabriken erzeugen. All das bekommen auch die BewohnerInnen des Perote-Tals im mexikanischen Bundesstaat Veracruz zu spüren. Doch es bedurfte erst des Ausbruchs der vom H1N1-Virus hervorgerufenen Schweinegrippe im Jahr 2009, um die dortigen Verhältnisse ins Rampenlicht der internationalen Öffentlichkeit zu rücken. Der Ursprung dieser zeitweise von der Weltgesundheitsorganisation als globale Epidemie (Pandemie) eingestuften Grippewelle ließ sich in den Ort La Gloria zurückverfolgen, der sich in unmittelbarer Nähe zu einer der Mastfabriken des Unternehmens Granjas Carroll (GC) befindet. In Mexiko fand in den letzten Jahrzehnten ein wirtschaftlicher Konzentrationsprozess statt, in Folge dessen heutzutage 60 Prozent des Schweinefleischs in „technologisch fortgeschrittenen“ Betrieben produziert wird, was für den 150 Quadratkilometer großen Landkreis Perote (die Hälfte der Fläche von München) bedeutet, dass...
Lesezeit: 3 MinutenNaturschutz als Landraub – Betrachtungen zum Tag der Menschenrechte
Nationalparks bewahren die biologische Vielfalt. Gleichzeitig aber werden die dort lebenden Menschen verdrängt und ihrer Existenzgrundlage beraubt. Von Peter Clausing Am 10. Dezember wird alljährlich der Tag der Menschenrechte begangen. 1948 wurde an diesem Datum die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet. Nicht selten wird an diesem Tag vorrangig über die bürgerlichen und politischen Menschenrechte öffentlich nachgedacht, zu denen das Recht auf freie Meinungsäußerung, das Recht auf Versammlungsfreiheit und das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zählen. Es ist auch der Todestag Alfred Nobels, der 1894, zwei Jahre vor seinem Ableben, den schwedischen Rüstungsbetrieb Bofors kaufte. Nichtsdestotrotz wird seit 1901 am 10. Dezember der Friedensnobelpreis vergeben. Neben den bürgerlichen und politischen Menschenrechten sind die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen (WSK-) Rechte ein anderer, ebenso wichtige Teil von Menschenrechten. Für beide Gruppen trat im Jahr 1976 jeweils ein internationaler Pakt in Kraft, in dem die betreffenden Rechte verbindlich beschrieben sind. Zu den WSK-Rechten zählt das im Artikel...
Lesezeit: 10 MinutenNeue DVD: Über den Tellerrand – Ernährungssouveränität in Zeiten des Klimawandels
“Ernährungssouveränität” ist die zentrale Forderung der kleinbäuerlichen Bewegungen in Bangladesch. Angesichts von Klimawandel, Flächenknappheit und Landkonflikten setzen sie sich für eine gerechte Landverteilung und eine selbstbestimmte Agrarproduktion ein. Eigene Parzellen sowie kulturell und ökologisch angepasstes Saatgut sehen sie als Basis für die Nahrungsmittelversorgung. Die Bewegungen verfolgen ihre Ziele gegebenenfalls mit radikalen Mitteln: Sie besetzen und bewirtschaften Land, das ihnen laut Gesetz zusteht, aber aufgrund von Korruption nicht übertragen wird. Der Anbau für den Eigenbedarf und die lokalen Märkte wird durch die Kapitalisierung des Agrarsektors stark gefährdet. Seit der “Grünen Revolution” in den 1960er Jahren nimmt der Einfluss von Saatgut- und Chemiekonzernen beständig zu. Die Abhängigkeit von Dünger, Pestiziden und modifizierten Samen sowie die infrastrukturellen Eingriffe durch Staat und Weltbank haben die Lebensbedingungen der Kleinbäuerinnen und -bauern verändert. Höhere Produktionskosten und sinkende Bodenfruchtbarkeit sind die Schattenseiten der gesteigerten Ernten, die viele in die Verschuldung treibt. Heute gelten drei viertel aller Bangladeschis offiziell als landlos und haben laut “Kash-Land-Gesetz” Anspruch auf eigene...
Lesezeit: 2 MinutenKleinbauern leisten Widerstand
La Vía Campesina ist in diesem Jahr 20 Jahre alt geworden Von Peter Clausing In der mit Tränengas gesättigten Luft von Seattle im Dezember 1999 dankten die Frauen von Vía Campesina der Welthandelsorganisation (WTO): Die Repressionsmaßnahmen während des WTO-Gipfels hätten die zahlreich zu den Protesten erschienenen KleinbäuerInnen zusammengeschmiedet. Auch wurde die globale Föderation widerständiger LandwirtInnen erst durch die Massenproteste und die Polizeigewalt gegen AktivistInnen in Seattle weltweit sichtbar, obwohl Vía Campesina schon sechs Jahre zuvor gegründet worden war. Damals hatten Indigene und LandarbeiterInnen den Paradigmenwechsel erkannt, den Anfang der 1990er Jahre die Aufnahme landwirtschaftlicher Themen in die Verhandlungen des GATT-Abkommens (General Agreement on Tariffs and Trade) bedeutete. 1993 trafen sich daher 46 von ihnen im belgischen Mons und gründeten einen gemeinsamen Dachverband. Die im GATT-Abkommen getroffenen Vereinbarungen legten den Grundstein für die marktbasierte Zerstörung jener agrarpolitischen Strukturen und Programme, die die BäuerInnen in den Jahren zuvor in verschiedenen Ländern erkämpft hatten. Vía Campesina propagierte schon damals eine Landwirtschaft, die ökologisch...
Lesezeit: 3 MinutenSprengt die Wertschöpfungsketten !!
Von Peter Clausing Den offiziellen Start von vier Großprojekten des »German Food Partnership«-Programms (GFP) am 5.11.2013 nahmen mehrere Nichtregierungsorganisationen zum Anlass, diese »Entwicklungspolitik im Dienst deutscher Konzerne« scharf zu kritisieren. Das Forum Umwelt und Entwicklung forderte, »das FDP-Projekt unverzüglich zu stoppen«, und Jan Urhahn, Landwirtschaftsexperte des entwicklungspolitischen Netzwerks INKOTA, hob hervor, daß die Bundesregierung mit GFP unter dem Deckmantel von Hunger- und Armutsbekämpfung einseitig die Wirtschaftsinteressen deutscher und europäischer Unternehmen wie BASF, Bayer Crop Science oder Syngenta bediene. Neben den transnationalen Agrarkonzernen finden sich unter den zehn GFP-Partnern auch die Handelskette Metro, der Verband der Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen und die Düngemittelindustrie. Bereits die Zusammensetzung dieser »Partnerschaft« lässt erkennen, dass es um die Schaffung vertikal integrierter Wertschöpfungsketten geht, bei denen bekanntlich der Wert vor allem am unteren Ende der Kette von den Bäuerinnen und Bauern geschaffen und dann schrittweise nach oben transferiert wird. Mit einem Gesamtvolumen von insgesamt 78 Millionen Euro werden eine »Kartoffel-Initiative«, eine »Ölsaaten-Initiative« und eine »Konkurrenzfähige Reis-Initiative« in...
Lesezeit: 3 MinutenJetzt Erschienen: Die Grüne Matrix – Naturschutz und Welternährung am Scheideweg
Grüne Matrix_Vorwort & Einleitung Besprechungsexemplare und Anfragen zu Buchpräsentationen über pcl [ätt] jpberlin.de
Lesezeit: < 1 MinuteRecht auf Nahrung
In diesen Tagen erscheint das Buch »Die grüne Matrix. Naturschutz und Welternährung am Scheideweg.« Die Tageszeitung junge Welt veröffentlichte eine unter Weglassung von Fußnoten und Literaturhinweisen gekürzte Fassung des Abschnitts »Agrarökologie – Definitionen, Kontext und Potentiale«. Von Peter Clausing Die »Scharnierfunktion« der Agrarökologie zwischen Natur- und Gesellschaftswissenschaft existierte nicht von Anbeginn. Als der Begriff im Jahr 1928 von dem sowjetischen Agronomen B.M. Bensin geprägt wurde, war damit ausschließlich Biologisches gemeint – das Zusammenleben von Organismen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen. Auch in der Tradition des Kieler Professors Wolfgang Tischler, der 1965 als erster ein Handbuch mit dem Titel Agrarökologie veröffentlichte, wird das Gebiet vornehmlich als biologisches Fach verstanden. Im Gegensatz dazu definierten Charles Francis und andere 2003 diese Wissenschaftsdisziplin als »integrative Erforschung der Ökologie des gesamten Nahrungsmittelsystems, einschließlich seiner ökologischen, ökonomischen und sozialen Dimensionen«. Auch Thomas Dalgaard und seine Kollegen kommen 2003 zu der Schlussfolgerung, dass es sich bei Agrarökologie um die Integration agronomischer, ökologischer, soziologischer und ökonomischer Forschung handelt. Bäuerliche Interessen...
Lesezeit: 9 MinutenBill Gates in Afrika
Diesen Beitrag gibt es auch auf Französisch und Spanisch Seit 2006 bemüht sich, relativ wenig beachtet, die „Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika“, den profitablen Teil der afrikanischen Landwirtschaft in den Weltmarkt zu integrieren. Hinzu kommt, dass parallel dazu, ebenfalls in Afrika, seit 2010 versucht wird, eine wichtige Komponente agrarökologischer Anbauverfahren unter private Kontrolle zu bringen – die biologische Anreicherung von Stickstoff im Boden. Wiederum gehört die Bill & Melinda Gates-Stiftung zu den Hauptakteuren. Von Peter Clausing TEIL I Zugegeben, Revolutionen sind aus der Mode gekommen. Dabei wäre eine grüne Revolution, die diesen Namen tatsächlich verdient, in Afrika bitter nötig. Denn einerseits ist für 200 Millionen der dort lebenden Menschen Hunger eine täglich Realität, andererseits ist das Potential vorhanden, Afrikas Bevölkerung jetzt und auch perspektivisch mit Hilfe agrarökologischer Anbauverfahren zu ernähren.1 Doch die grüne Revolution, an die wir denken, wenn wir diesen Begriff hören, hatte Afrika niemals erreicht. Die »Grüne Revolution« Die Geschichte des Begriffes »Grüne Revolution« geht bis...
Lesezeit: 19 MinutenFranzösische Wissenschaftler widerstehen Monsanto
Genmais: nicht koscher Französische Wissenschaftler widerstehen Monsanto. Ihre Studie wies bei Ratten Gesundheitsschäden durch Verzehr einer manipulierten Sorte nach. Sie wird seither vergeblich als unseriös diffamiert Von Peter Clausing Vor knapp einem Jahr, am 19. September 2012, veröffentlichte Professor Gilles-Eric Séralini von der Universität Caen, Nordfrankreich, zusammen mit sieben weiteren Autoren in der Fachzeitschrift Food and Chemical Toxicology die Ergebnisse einer Langzeitstudie. Dabei wurden krebserregende Wirkungen und andere Gesundheitsschäden an Ratten nachgewiesen, nachdem diese 24 Monate lang mit gentechnisch verändertem NK603-Mais gefüttert wurden. Die Publikation schlug ein wie eine Bombe, denn sie stellt die laxe Risikobewertung für gentechnisch modifizierte (GM) Pflanzen, wie sie bislang von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und anderswo praktiziert wird, in Frage. Eine Verschärfung der Prüfvorschriften würde die Zulassung von GM-Sorten deutlich erschweren und das Zulassungsverfahren für sie generell verlängern und verteuern. Außerdem müßten auch bereits zugelassene, positiv getestete Sorten vom Markt genommen und aufwendig neu bewertet werden. Genau dies forderten im vergangenen Jahr französische...
Lesezeit: 4 MinutenKeine Rückkehr des Waldes
In wenigen Ländern nimmt die Waldfläche zu – aber nur wegen Holzimporten aus anderen Staaten. Von Peter Clausing Der globale Waldverlust spielt in der Umweltkrise eine herausragende Rolle. Damit gehen die Sorgen über die Folgen von Artenverlust, Klimawandel, aber auch den Wegfall der Lebensgrundlage für vom Wald abhängige Bevölkerungsgruppen einher. NGOs und kirchliche Hilfswerke prangern darum die Zerstörung der Lebensgrundlagen indigener Völker durch Palmölplantagen und Sojawüsten an. Bei der »Rettung des Klimas« durch Kohlenstoffmärkte hat der Wald eine Schlüsselfunktion. Weshalb transnationale Naturschutzorganisationen Spenden sammeln, »um die Säge zu stoppen«. Schließlich veröffentlicht die Welternährungsorganisation (FAO) seit 1980 regelmäßig die Ergebnisse einer globalen Waldbestandsaufnahme, die Global Forest Ressources Assessment, in dem die Verluste systematisch beschrieben werden. Es gibt also viele verschiedene Akteure, die sich bei diesem Thema zu Wort melden. Was als Wald betrachtet wird, ist eine Definitionssache. Dabei geht es nicht nur um die Unterscheidung zwischen Primär- und Sekundärwäldern. Es ist auch die Frage bedeutsam, ob Flächen, die zu zehn Prozent...
Lesezeit: 9 Minuten