Humanitäre Hilfe instrumentalisiert
Einfluß der Geldgeber beim WFP ist spürbar: Entsorgung von Überproduktion, Verbreitung genmanipulierten Saatguts und Militäreinsatz
Da sich das World Food Program (WFP) ausschließlich aus freiwilligen Beiträgen finanzieren muß und die Hälfte des Geldes (vor allem) von den USA und der Europäischen Kommission kommt, muß damit gerechnet werden, daß diese versuchen, ihren Einfluß geltend zu machen. Eine bevorzugte Bedienung jener Krisenregionen, in denen der Westen seine Handlungsschwerpunkte sieht, überrascht deshalb nicht. Das Budget des WFP reicht ohnehin nur für zehn Prozent der eine Milliarde hungernden Menschen. Auch andere Indizien deuten darauf hin, daß das WFP keine »selbstlose« Organisation ist, sondern für bestimmte Zwecke instrumentalisiert wird.
David gegen Goliath?
Zwei unvereinbare Perspektiven zur Zukunft der Welternährung
Spätestens seit den »Brotrevolten« von 2007 und 2008, mit denen die Menschen in rund 40 Ländern auf die Explosion der Lebensmittelpreise reagierten, ist die Ernährungskrise ein bleibendes Thema in den Medien und in der offiziellen Politik. Dabei ist die Krise eher ein gigantischer Skandal, denn den alljährlich neun Millionen Hungertoten und mehr als einer Milliarde chronisch Hungernder steht eine Nahrungsmittelmenge gegenüber, die genügen würde, um alle Menschen ausreichend zu versorgen. Folglich mangelt es in erster Linie an einem »globalen« politischen Willen, ein Mangel, der zum Beispiel in der Tolerierung und vielfach sogar Förderung der Flächenkonkurrenz zwischen Agrotreibstoff- und Nahrungsmittelproduktion zum Ausdruck kommt.
Turbokolonialismus
Vor knapp einem Jahr eroberten Berichte über Hungeraufstände als Folge der explodierenden Lebensmittelpreise in den Ländern des Südens die Schlagzeilen. Allein von Januar bis Mai 2008 kam es in elf Ländern Afrikas, Asiens und der Karibik zu derartigen Revolten. Von den zum Teil gewaltsamen, vor allem aber gewaltsam unterdrückten Protesten wurde denen in Kamerun (Februar 2008) und Haiti (April 2008) die meiste Beachtung geschenkt. Nach kurzer Zeit wurde das Thema durch die ersten Eingeständnisse einer weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise von den Titelseiten der Weltpresse verdrängt.
Die weltweiten Hungerrevolten (Food Riots) 2007/2008
Egal, ob man das deutsche Wort „Hungerrevolte“ oder den englischen Begriff „Food Riot“ bevorzugt − beide Begriffe charakterisieren die Erscheinung nur unvollkommen. Walton und Seddon (1994) belegen eindrucksvoll, dass zwar eine enge allgemeine Beziehung zwischen Food Riots und Preiserhöhungen für bzw. Verknappungen von Lebensmitteln bestand. Eine unmittelbare zeitliche Verknüpfung zu Hunger als sozialem Phänomen (Hungersnot) bestand jedoch oftmals nicht. Die beiden Autoren, die sich vor allem mit den Food Riots der 70er und 80er Jahre im Kontext der vom Internationalen Währungsfonds (IWF) verordneten Strukturanpassungsprogramme befassten, kamen zu dem Schluss, dass der Zugang zu Lebensmitteln in der Regel nur einer von mehreren Gründen für den Ausbruch von Hungerrevolten war.
Gepflanzte Profite
Der heutige 16. Oktober wurde 1979 zum Welternährungstag erklärt. Es ist der Gründungstag der Welternährungsorganisation (FAO) der Vereinten Nationen, die im Jahr 1945 an diesem Tag geschaffen wurde. Der Welternährungstag steht jedes Jahr unter einem besonderen Thema. Im vorigen Jahr lautete das Motto »Das Recht auf Nahrung ist keine Utopie«. Die reale Politik der FAO disqualifiziert dieses Motto zur hohlen Phrase, denn dieses Recht ist unlängst für weitere zig Millionen Menschen zur Utopie geworden. Es ist seit längerem bekannt, daß das sowohl vom Welternährungsgipfel 1996 als auch von der »Millenniumserklärung« der UNO im Jahr 2000 definierte Ziel, die Zahl der chronisch hungernden Menschen bis zum Jahr 2015 zu halbieren, nicht erreicht wird. Mittlerweile zeichnet sich ab, daß es nicht einmal gelingen wird, diese Zahl konstant zu halten. Laut FAO erhöhte sich zwischen 1992 und 2005 die Zahl der chronisch Hungernden zunächst von 842 auf 848 Millionen Menschen, um dann im Jahr 2007 sprunghaft auf 943 Millionen zu steigen. Eine weitere dramatische Erhöhung in diesem Jahr ist absehbar.
Agrotreibstoffe
Der ultimative Angriff auf die Ernährungssicherheit
„Hungerrevolten“ heißt das neue Schreckgespenst, das führende Politiker der Nordhalbkugel in Atem hält − Hungerrevolten in 20 Ländern1 aufgrund explodierender Grundnahrungsmittelpreise. Das hat soziale Instabilität mit den von der offiziellen Politik gefürchteten Auswirkungen zur Folge: Unsicherheit für Direktinvestitionen in den krisengeschüttelten Ländern, Zulauf für al-Qaida, erhöhter Migrationsdruck. „Wenn es zu einem Klassenkampf kommt, dann unterminiert das die Stabilität der Gesellschaft“, zitiert Bernd Musch- Borowska in einer ARD-Korrespondenz Ifzal Ali, den Chef-Ökonomen der Asiatischen Entwicklungsbank. In Ägypten, Indonesien und Pakistan wurde Militär eingesetzt, um Mehltransporte zu bewachen. Die bange Frage bei den hiesigen Politikern schließt sich an: Wird die „Festung Europa“ standhalten? Die Explosion der Preise bei den Grundnahrungsmitteln ist zwar multifaktoriell bedingt, aber die Agrotreibstoff- Bonanza hat einen signifikanten Anteil daran. Dies ist umso problematischer, da zudem auch die Agrotreibstoffe, entgegen der offiziellen Propaganda, kaum einen Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen leisten.
Volle Tanks – leere Teller
Eine neue Industrie garantiert gigantische Profite – »Bio«kraftstoffe schädigen die Umwelt mehr als bisher, Lebensmittelpreise explodieren, Dritte-Welt-Länder werden durch Monokulturen in den Ruin getrieben.
Geschäftsinteressen gegen Menschenrechte:
Die mexikanische Gen-Maiskontroverse
Auf der diesjährigen Mexiko-Tagung in Bad Boll, die vom 14. bis 16.10. unter dem Thema „Genmais und Wasserprivatisierung – eine Bedrohung für die Menschenrechte“ stattfand, kam es zu kontroversen Diskussionen zwischen einem Tagungsteilnehmer und den zu diesem Thema eingeladenen mexikanischen Gästen, Aldo González Rojas (UNOSJO) und Ana de Ita (CECCAM). Der dortige Disput reflektierte die internationale Kontroverse zu diesem Thema, die mit einer unlängst veröffentlichten, fragwürdigen Studie erneut aufflammte.
Freie Saat statt toter Ernte
Die Agrarindustrie setzt weiterhin auf Verfahren zur gentechnischen Saatgutsterilisierung. Doch erneut formiert sich Widerstand gegen die Terminator-Technologie
Killergen im Saatgut: Wie Terminator tötet