Humanitäre Hilfe instrumentalisiert
Einfluß der Geldgeber beim WFP ist spürbar: Entsorgung von Überproduktion, Verbreitung genmanipulierten Saatguts und Militäreinsatz Da sich das World Food Program (WFP) ausschließlich aus freiwilligen Beiträgen finanzieren muß und die Hälfte des Geldes (vor allem) von den USA und der Europäischen Kommission kommt, muß damit gerechnet werden, daß diese versuchen, ihren Einfluß geltend zu machen. Eine bevorzugte Bedienung jener Krisenregionen, in denen der Westen seine Handlungsschwerpunkte sieht, überrascht deshalb nicht. Das Budget des WFP reicht ohnehin nur für zehn Prozent der eine Milliarde hungernden Menschen. Auch andere Indizien deuten darauf hin, daß das WFP keine »selbstlose« Organisation ist, sondern für bestimmte Zwecke instrumentalisiert wird. In der Vergangenheit geriet das Welternährungsprogramm wiederholt wegen des Versuchs in die Kritik, bedürftigen Ländern gentechnisch veränderte Nahrungsmittel aufzuzwingen, insbesondere Genmais. Diese Lieferungen kamen in der Regel aus den USA und hatten den Beigeschmack, daß mit »Sachspenden« die eigene Überproduktion entsorgt wird, anstatt durch Geldbeiträge dem WFP den Kauf von Lebensmitteln auf regionaler Ebene zu ermöglichen...
Lesezeit: 2 MinutenDavid gegen Goliath?
Zwei unvereinbare Perspektiven zur Zukunft der Welternährung Spätestens seit den »Brotrevolten« von 2007 und 2008, mit denen die Menschen in rund 40 Ländern auf die Explosion der Lebensmittelpreise reagierten, ist die Ernährungskrise ein bleibendes Thema in den Medien und in der offiziellen Politik. Dabei ist die Krise eher ein gigantischer Skandal, denn den alljährlich neun Millionen Hungertoten und mehr als einer Milliarde chronisch Hungernder steht eine Nahrungsmittelmenge gegenüber, die genügen würde, um alle Menschen ausreichend zu versorgen. Folglich mangelt es in erster Linie an einem »globalen« politischen Willen, ein Mangel, der zum Beispiel in der Tolerierung und vielfach sogar Förderung der Flächenkonkurrenz zwischen Agrotreibstoff- und Nahrungsmittelproduktion zum Ausdruck kommt. Doch das Thema Welternährung steht nicht nur aufgrund von Preisexplosionen und Hungerprotesten auf der Tagesordnung. Unterschiedliche Modellrechnungen prognostizieren bei einer globalen Zunahme der Durchschnittstemperatur von etwa drei Grad Celsius regionale Ernteeinbußen zwischen 20 und 50 Prozent, je nachdem, ob man die Ernteausfälle infolge von Überflutungen und Dürreperioden mit einrechnet oder den...
Lesezeit: 6 MinutenTurbokolonialismus
Vor knapp einem Jahr eroberten Berichte über Hungeraufstände als Folge der explodierenden Lebensmittelpreise in den Ländern des Südens die Schlagzeilen. Allein von Januar bis Mai 2008 kam es in elf Ländern Afrikas, Asiens und der Karibik zu derartigen Revolten. Von den zum Teil gewaltsamen, vor allem aber gewaltsam unterdrückten Protesten wurde denen in Kamerun (Februar 2008) und Haiti (April 2008) die meiste Beachtung geschenkt. Nach kurzer Zeit wurde das Thema durch die ersten Eingeständnisse einer weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise von den Titelseiten der Weltpresse verdrängt. Die Preise für landwirtschaftliche Produkte sind inzwischen wieder deutlich gesunken. Zum Beispiel wird von der Welternährungsorganisation der Preis für eine Tonne Mais mit 170 US-Dollar angegeben, gegenüber 240 Dollar im April vorigen Jahres. Ähnlich beim Weizen, für den die Weltmarktpreise vor zwölf Monaten rund 60 Prozent höher lagen. Deutet dies auf eine Entspannung im Ernährungssektor hin? Die Experten sagen nein. Man ist sich einig, daß die Welternährungssituation einer dramatischen Zuspitzung entgegensteuert. Daran ändert weder der...
Lesezeit: 9 MinutenDie weltweiten Hungerrevolten (Food Riots) 2007/2008
Egal, ob man das deutsche Wort „Hungerrevolte“ oder den englischen Begriff „Food Riot“ bevorzugt − beide Begriffe charakterisieren die Erscheinung nur unvollkommen. Walton und Seddon (1994) belegen eindrucksvoll, dass zwar eine enge allgemeine Beziehung zwischen Food Riots und Preiserhöhungen für bzw. Verknappungen von Lebensmitteln bestand. Eine unmittelbare zeitliche Verknüpfung zu Hunger als sozialem Phänomen (Hungersnot) bestand jedoch oftmals nicht. Die beiden Autoren, die sich vor allem mit den Food Riots der 70er und 80er Jahre im Kontext der vom Internationalen Währungsfonds (IWF) verordneten Strukturanpassungsprogramme befassten, kamen zu dem Schluss, dass der Zugang zu Lebensmitteln in der Regel nur einer von mehreren Gründen für den Ausbruch von Hungerrevolten war. Food Riots haben eine Jahrhunderte alte Tradition. Vieles, was Walton und Seddon für die 70er und 80er Jahre beschreiben, trifft auch auf die aktuellen Vorgänge zu. Auch die Food Riots des 18. und 19. Jahrhunderts in England und Frankreich lassen sich mit den aktuellen vergleichen. Sie begleiteten gleichermaßen den Wirtschaftsliberalismus des 18./19....
Lesezeit: 11 MinutenGepflanzte Profite
Der heutige 16. Oktober wurde 1979 zum Welternährungstag erklärt. Es ist der Gründungstag der Welternährungsorganisation (FAO) der Vereinten Nationen, die im Jahr 1945 an diesem Tag geschaffen wurde. Der Welternährungstag steht jedes Jahr unter einem besonderen Thema. Im vorigen Jahr lautete das Motto »Das Recht auf Nahrung ist keine Utopie«. Die reale Politik der FAO disqualifiziert dieses Motto zur hohlen Phrase, denn dieses Recht ist unlängst für weitere zig Millionen Menschen zur Utopie geworden. Es ist seit längerem bekannt, daß das sowohl vom Welternährungsgipfel 1996 als auch von der »Millenniumserklärung« der UNO im Jahr 2000 definierte Ziel, die Zahl der chronisch hungernden Menschen bis zum Jahr 2015 zu halbieren, nicht erreicht wird. Mittlerweile zeichnet sich ab, daß es nicht einmal gelingen wird, diese Zahl konstant zu halten. Laut FAO erhöhte sich zwischen 1992 und 2005 die Zahl der chronisch Hungernden zunächst von 842 auf 848 Millionen Menschen, um dann im Jahr 2007 sprunghaft auf 943 Millionen zu steigen. Eine weitere...
Lesezeit: 9 MinutenAgrotreibstoffe
Der ultimative Angriff auf die Ernährungssicherheit „Hungerrevolten“ heißt das neue Schreckgespenst, das führende Politiker der Nordhalbkugel in Atem hält − Hungerrevolten in 20 Ländern1 aufgrund explodierender Grundnahrungsmittelpreise. Das hat soziale Instabilität mit den von der offiziellen Politik gefürchteten Auswirkungen zur Folge: Unsicherheit für Direktinvestitionen in den krisengeschüttelten Ländern, Zulauf für al-Qaida, erhöhter Migrationsdruck. „Wenn es zu einem Klassenkampf kommt, dann unterminiert das die Stabilität der Gesellschaft“, zitiert Bernd Musch- Borowska in einer ARD-Korrespondenz Ifzal Ali, den Chef-Ökonomen der Asiatischen Entwicklungsbank. In Ägypten, Indonesien und Pakistan wurde Militär eingesetzt, um Mehltransporte zu bewachen. Die bange Frage bei den hiesigen Politikern schließt sich an: Wird die „Festung Europa“ standhalten? Die Explosion der Preise bei den Grundnahrungsmitteln ist zwar multifaktoriell bedingt, aber die Agrotreibstoff- Bonanza hat einen signifikanten Anteil daran. Dies ist umso problematischer, da zudem auch die Agrotreibstoffe, entgegen der offiziellen Propaganda, kaum einen Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen leisten. „Hungerrevolten“ heißt das neue Schreckgespenst, das führende Politiker der Nordhalbkugel in Atem...
Lesezeit: 9 MinutenVolle Tanks – leere Teller
Eine neue Industrie garantiert gigantische Profite – »Bio«kraftstoffe schädigen die Umwelt mehr als bisher, Lebensmittelpreise explodieren, Dritte-Welt-Länder werden durch Monokulturen in den Ruin getrieben. »Gabriel zieht beim Biosprit die Notbremse!« So oder ähnlich lauteten vor drei Wochen die Schlagzeilen auf den Titelseiten des deutschen Blätterwalds. Wer naiv genug war zu glauben, daß bei Umweltminister Sigmar Gabriel die Einsicht in den ökologischen Unsinn und in die katastrophalen sozialen Folgen dazu geführt hätten, beim Geschäft mit Agrotreibstoffen die Notbremse zu ziehen, wurde enttäuscht. Nicht die Vorstellung, daß sich wegen des Agrokraftstoff-Hypes die Zahl der chronisch Hungernden bis zum Jahr 2025 von derzeit 820 Millionen auf 1,2 Milliarden erhöhen könnte, führte zu der Entscheidung, die Beimischungsverordnung für »Bio«sprit einzufrieren. Nein, es war die erschreckende Vorstellung, daß dreieinhalb Millionen Autofahrer im Wahljahr 2009 den teuren »SuperPlus«-Kraftstoff tanken müßten, die den zum Bundesumweltminister avancierten ehemaligen Popmusikbeauftragten der SPD-Fraktion zu diesem Schritt bewog. Die »Roadmap Biokraftstoffe«, wie das Vorhaben im Oktober 2007 in einer gemeinsamen Erklärung...
Lesezeit: 9 MinutenGeschäftsinteressen gegen Menschenrechte:
Die mexikanische Gen-Maiskontroverse
Auf der diesjährigen Mexiko-Tagung in Bad Boll, die vom 14. bis 16.10. unter dem Thema „Genmais und Wasserprivatisierung – eine Bedrohung für die Menschenrechte“ stattfand, kam es zu kontroversen Diskussionen zwischen einem Tagungsteilnehmer und den zu diesem Thema eingeladenen mexikanischen Gästen, Aldo González Rojas (UNOSJO) und Ana de Ita (CECCAM). Der dortige Disput reflektierte die internationale Kontroverse zu diesem Thema, die mit einer unlängst veröffentlichten, fragwürdigen Studie erneut aufflammte. Gentechnisch veränderter (Gen-) Mais wird in den USA seit 1996 kommerziell angebaut. Sein Anteil belief sich im Jahr 2000 auf 25% und im Jahr 2003 auf 40% der Maisanbaufläche der USA. Mexiko importierte in letzter Zeit jährlich 5-7 Mio t Mais von seinem nördlichen Nachbarn. Die Importe unterliegen keiner Kennzeichnungspflicht, so dass der Gen-Mais-Anteil am Gesamtimport weder überprüft wird noch bekannt ist. Zwar erließ die mexikanische Regierung im Jahr 1998 ein Verbot für Anbau und Feldversuche mit Gen-Mais, unternahm aber keine weiteren Anstrengungen, um die bodenständigen Maissorten im Ursprungsland dieser Nutzpflanze...
Lesezeit: 5 MinutenFreie Saat statt toter Ernte
Die Agrarindustrie setzt weiterhin auf Verfahren zur gentechnischen Saatgutsterilisierung. Doch erneut formiert sich Widerstand gegen die Terminator-Technologie Killergen im Saatgut: Wie Terminator tötet Das Terminator-Prinzip basiert auf drei in die Pflanze eingebauten Genen. Zwei der drei Gene wirken zusammen, um zunächst beim Saatguthersteller die tödliche Wirkung des dritten Gens zu unterdrücken. Das Killergen schließlich wird bei der Produktion des vom Agrarkonzern zu verkaufenden Saatguts durch einen äußeren Stimulus aktiviert (z.B. durch Besprühen der reifen Saatgutpflanzen mit einer bestimmten Substanz). Es übt seine sterilisierende Wirkung allerdings erst in der nächsten Samengeneration aus, d. h. im Erntegut der Bäuerinnen und Bauern. Die Terminator-Technologie ist in den bisher eingereichten Patenten als theoretisches Konzept beschrieben, und der Einbau der Gene wurde in Reagenzglasversuchen erprobt. Mittlerweile werden in den USA Entwicklungsarbeiten auf dem Niveau von Gewächshausversuchen durchgeführt. Gentechnik ist angewandte Molekularbiologie, die gezielt entwickelt wurde, nachdem in den USA die »grobe« Eugenik in den 20er/30er Jahren gescheitert war.1 Die »grobe« Eugenik war mit der...
Lesezeit: 6 Minuten